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26.7.2000
Die neue Rechtschreibung in der WELT
"Tief greifend" und "der allein Erziehende"

Von Petra Pulver

Die WELT hat sich verbindlich auf die Agentur-Rechtschreibung festgelegt. Diese Schreibweisen entsprechen dem Beschluss der deutschen Nachrichtenagenturen vom 16. Dezember 1998 und sind in einer Liste zusammengestellt.

Die WELT richtet sich nach dieser Liste, wobei die Agenturen in einigen Ausnahmefällen die neue Rechtschreibreform ignorieren und die alte Schreibweise beibehalten, aber eben nicht immer. So zum Beispiel: "aufwendig" statt "aufwändig" (neu), aber nicht überschwenglich, sondern "überschwänglich" (neu) oder "auf Grund", aber "infrage".

Dies führt natürlich zu vielen Verwirrungen, da nicht konsequent durchdacht. Feste Fügungen wie das "Schwarze Brett" oder "Erste Hilfe" bleiben bestehen, das heißt, das Adjektiv wird weiterhin großgeschrieben. Auch die Schreibweise der Anredepronomen in Briefen wie Du, Dein, Ihr, Euer und die von Personennamen abgeleiteten Adjektive, "das Goethesche Werk", bleibt bestehen.

Die Agenturen legten sich auch auf die Beibehaltung der alten Zeichensetzung bis auf zwei Ausnahmen fest: Zwischen wörtlicher Rede und dem Begleitsatz steht jetzt ein Komma, auch wenn diese mit einem Frage- oder Ausrufezeichen endet, und die Apostroph-Setzung ist vereinfacht worden. Des Weiteren gibt es noch Sonderregelungen bezüglich der Schreibung von Fremdwörtern und Trennungen. Ansonsten gilt für die WELT die neue Rechtschreibung, und zwar die im Duden (21. Auflage) rot markierten Wörter, und das von der Redaktion entwickelte WELT-Lexikon, in dem die Schreibung von komplizierten Namen nach den Transkriptionsregeln festgelegt ist. Gewöhnungsbedürftig sind die Getrennt- und Zusammenschreibung sowie die Groß- und Kleinschreibung wie "tief greifend", "hoch begabt", "gut bezahlt", "allein erziehend", "der allein Erziehende", "Aufsehen erregend".

Ein Problem ist sicherlich, sich anhand von Regeln, die immer wieder aufgehoben werden und zum Teil nicht logisch sind, durch die neue Rechtschreibung zu kämpfen. So schreibt man "weitgehend" zusammen, aber "weit reichend" auseinander, "blutstillend", aber "Blut bildend", "wieder herrichten", aber "wiederherstellen". Konsequente Regeln, weniger Ausnahmen und Vereinheitlichung wären sicherlich hilfreich und einfacher.

Fazit: Die neue Rechtschreibreform hat mehr Erschwernisse als Erleichterungen gebracht.

Petra Pulver ist Schlussredakteurin der WELT.


Quelle: Die Welt; per Mail geschickt bekommen...

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